Inhalt
Tag der Deutschen Einheit: Deutschland ist ungleich vereint
Auch 35 Jahre nach der Wiedervereinigung sei Deutschland „weiterhin ein geteiltes Land“, erklärte der Soziologe Prof. Wilhelm Heitmeyer am Tag der Deutschen Einheit im Korschenbroicher Ratssaal. Der in dieser Woche mit dem Bundesverdienstorden 1. Klasse ausgezeichnete Forscher widmete seinen Festvortrag den sozialen und kulturellen Unterschieden zwischen Ost und West sowie der zunehmenden politischen Spaltung.
Heitmeyer erinnerte daran, dass 1990 zwei völlig unterschiedliche Systeme aufeinandertrafen: Im Westen Kapitalismus, Föderalismus und Individualismus – im Osten Sozialismus, Zentralstaat und Kollektivismus. Die Folgen dieser ungleichen Vereinigung seien bis heute spürbar. Viele Ostdeutsche fühlten sich für ihre Lebensleistung nicht anerkannt und bis heute als „Bürger zweiter Klasse“.
Zugleich, so Heitmeyer, wachse im Osten das Bedürfnis nach Autorität und Orientierung. Rechte Parteien nutzten diese Sehnsucht gezielt aus, etwa indem die AfD einfache Lösungen und nationale Parolen anbiete.
Als Fazit warnte der Wissenschaftler vor einer wachsenden Gefährdung der Demokratie: In Zeiten globaler Krisen reagierten viele Menschen mit Angst und Gleichgültigkeit. Entscheidend sei nun, „Hetze und Gewalt im eigenen Umfeld entschieden zurückzuweisen“, denn „das soziale Klima wird nicht von der Politik, sondern von uns selbst gemacht“.
Musikalisch begleitet wurde die Feier vom Streichensemble der Musikschule des Rhein-Kreises Neuss unter Leitung von Karin Grahl mit Werken von Bach, Händel und Warlock.